Brömmling bloggt vom Stiftungstag. Der Deutsche StiftungsTag 2016 ist der 18. Stiftungstag für Brömmling und bereits der elfte, den er als unabhängiger Stiftungsexperte beobachtet und kommentiert. Auf www.broemmling.de/blog finden sich die Erkenntnisse, freundliche beobachtungen und kritische Anmerkungen
Brömmling bloggt vom Stiftungstag
11. Mai 2016
Brömmling über Kleists Marionettentheater heute: VIERVIERTELKULT Frühling 2016
30. April 2016
Mit dem Frühlingsheft nimmt sich VIERVIERTELKULT eines schwierigen Themas an: Was kann Theater heute leisten, was kann es nicht. Immerhin kommt VIERVIERTELKULT aus der Stadt, in der der Faust uraufgeführt wurde. Aber Größe in der Vergangenheit ist nicht immer gleich bedeutend mit gegenwärtiger Größe. Dass Brömmling ein großer Kleist-Bewunderer ist, kann er nicht verbergen, wenn er Kleists „Über das Marionettentheater“ für die Gegenwart neu erläutert (S. 38-39).
Weitere Beiträge von Brömmling in dieser Ausgabe: „Werktreue. Ein Gespräch mit Juliane Kann, Hans-Werner Leupelt und Michael Talke“ (S. 25-31), „Werktreue, Texttreue, Regietheater, Regisseurtheater. Wie Joachim Fest, Gerhard Stadelmaier und Joachim Kaiser für Werktreue kämpfen“ (S. 32-34), die „Serviceseiten“ für den Schwerpunkt (S. 40-43), „Der Stiftungsrat im Interview: Gerald Heere“ (S. 44-45), „Stiftungsvermögen vorgestellt: ZisterzienserMuseum Kloster Walkenried“ (S. 54-55), „Geförderte Medien“ (S. 56), „Neuerscheinungen“ (S. 58-59), „Der die Schneekönigin vom Eis holt. Helmut Imig“ (S. 60-61) und „Teamporträt Gerd Biegel“ (S. 64). Viel Freude beim Lesen!
Wolfgang Gropper: „Bist anständig gwesen?“ Ein Gang über den Friedhof Buchvorstellung von Dr. Ulrich Brömmling
1. März 2016
Lieber Herr Gropper,
lieber Tobias Henkel, liebe Leserinnen und Leser von VIERVIERTELKULT,
meine sehr verehrten Damen und Herren!
Ja, ich bin Norddeutscher, ein Preuße noch dazu, in Berlin geboren und dort gerne aufgewachsen. Den Janker habe ich schon länger, er ist nicht zum Oniwanzn gedacht, und seien Sie versichert, dass „oniwanzn“ nur eines von wenigen Wörtern auf Bayrisch sein wird, das ich in meiner kleinen Einführung verwenden werde, auch wenn es eines von vielen Wörtern auf Bayrisch ist, die ich bei der Lektüre von Wolfgang Groppers Gang über den Friedhof gelernt habe.
Besser hätten wir uns nicht absprechen können. Wolfgang Gropper und ich begegnen uns heute zum ersten Mal. Und doch verbindet uns seit einigen Jahren ein Projekt, VIERVIERTELKULT, die Vierteljahresschrift der Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz, deren Idee- und Namensgeber zu sein ich mir bei aller Zurückhaltung auf die Fahnen schreiben darf. Von der ersten Ausgabe an gehörte Wolfgang Gropper zu den Autoren, zunächst als Kolumnist jeder zweiten Ausgabe, alternierend mit einer Schülerin der Gaußschule Gymnasium am Löwenwall. Später auch als Autor im Schwerpunkt Kulturbesitz, dem Herbstheft 2014, das ich allen Besucherinnen und Besuchern empfehle, es liegt im Saal aus.
Besser hätten wir uns nicht absprechen können. Jedes Heft von VIERVIERTELKULT hat einen Schwerpunkt. In der aktuellen Ausgabe ist dies „Sepulkralkultur“, im kommenden Frühlingsheft ist es „Theater“. Es werden dann 18 Schwerpunkte erschienen sein. Aber zwischen keine hätte die Buchvorstellung auch nur annähernd so gut gepasst wie zwischen diese zwei.
Erlauben Sie mir einen ungewöhnlichen Einstieg in die Buchvorstellung, den Bezug nämlich auf ein anderes Werk, der aber bewusst gewählt ist: In einigen Wochen wird an dieser Stelle Michael Göring sein Buch Spiegelberg präsentieren und daraus lesen. Spiegelberg, das ist eine Gemeinde im Rems-Murr-Kreis in Baden-Württemberg. Spiegelberg ist bei Göring der Name einer Siedlung in einer Stadt an der Lippe, in der 400 Mietparteien in den Sechziger- und Siebzigerjahren, den Babyboomerjahren, groß geworden sind. Sieben Familien hat der Autor herausgegriffen und nun, fünfzig Jahre später mit der Gegenwart konfrontiert. Der große Unterschied zu dem autobiographischen Text, den ich heute vorstellen darf: Es ist ein fiktionales Werk, Michael Göring spricht von seinem dritten Roman. Aber wenn wir unser heutiges Buch nehmen und noch einmal lesen, ist dieser Unterschied so groß nicht: Denn die Toten auf dem Friedhof reden ja nicht wirklich. Insofern ist auch Bist anständig gwesen ein höchst fiktionales Buch. Und wer Michael Göring kennt, ahnt, dass da oft sehr konkrete Personen hinter den einzelnen handelnden Romanfiguren stecken. Womöglich ist Görings Buch viel näher an der Wirklichkeit Groppers? Dagegen spricht wiederum die realitätsnahe Schilderung Wolfgang Groppers, der ungekünstelte Stil, zuweilen in bestem Bayrisch, und dagegen sprechen so viele unter Ihnen im Publikum, die den einen oder die andere aus Groppers Gang über den Friedhof selbst noch gut in Erinnerung haben.
Aber heute und überhaupt in Braunschweig wie in dem engeren Bekannten- und Freundeskreis Wolfgang Groppers, haben wir es mit einer stark theateraffinen Leserschaft zu tun. Und die denkt bei „Spiegelberg“ natürlich zuerst einmal an die Figur des Räubers Spiegelberg in Schillers Drama. Spiegelberg als höchst kontrastreicher Gegenspieler Karl Moors, mit dem einen trotz aller Verachtung auch eine gewisse Sympathie verbindet – bis er abtritt, dann ist er auch schnell vergessen.
Ist die Ortsgemeinschaft von Aschau das eigentliche Spiegelberg, nicht im Göringschen, sondern im Schillerschen Sinne? Trotz aller Verstrickungen Einzelner, trotz der Lästerungen vieler eine sympathische Gesellschaft, deren Mitglieder unabhängig von Standesdünkel immerhin miteinander sprechen, wenn sie tot sind? Ansonsten, bemerkt der Autor nachdenklich, war das allenfalls beim Sport möglich. Ganz kurz, an einer einzigen Stelle ist der Leser versucht, so zu denken. „Mia san nimma mia, mia san do scho fast vergessn, wei mia aascho gar nix mehr ausrichtn kennan.“ Eine Gesellschaft, liebenswert, doch nichts dazugelernt seit der Jugend, wie Spiegelberg? Eine Gesellschaft, die vorm Sterben warnt, weil das Sterben die Gefahr des Vergessenwerdens immer dann mit sich bringt, wenn die Erinnerungen nicht für die Ewigkeit taugen? Es ist kein Spiegelberg, es ist natürlich etwas Eigenes. Wolfgang Gropper macht die Dorfgesellschaft für uns so lebendig, dass wir sie nicht vergessen. Und dass wir mehr Erkenntnis daraus ziehen als die eine wahre Erkenntnis, die uns Wolfgang Gropper spät, aber doch nicht zu spät offenbart: Wolfgang Gropper sah in jungen Jahren aus wie Roy Black.
Womit haben wir es beim vorliegenden Text zu tun?
Eine Autobiographie? Ein Fremdenführer über den Aschauer Friedhof? Eine Ehrerbietung? Eine Abrechnung? Es ist alles zusammen.
Ein Prosatext ist dem Leser versprochen, aber wer mit Wolfgang Gropper über den Friedhof gegangen ist, klappt nicht ein Buch zu; er verlässt ein Theater. Jeder mag sich nun ein bisschen vorstellen, wie Gropper Regie führt. Wenn selbst die bloße Beschreibung seiner Heimkehr zum Vorspiel auf dem Theater wird, um wie viel gewaltiger muss es dann erst sein, wenn er eine Komödie, eine Tragödie, eine Oper, eine Operette in seine Fäuste nimmt? Dieser Gang enthält Komödienhaftes, wenn wir an die vergeblichen Bemühungen der Schwester des Monsignore denken, ihren Bruder von Begegnungen jeglicher Art mit den Frauen des Dorfes fernzuhalten. Dieser Gang birgt Tragisches, wenn an jung Verstorbene Freunde und Bekannte erinnert wird, an Junginger Wolfgang, an Kurt, an Frieder, an Markus. Prosa, Drama, sogar Poetik: Wer katholisch sozialisiert ist, betet fast den Engel des Herrn mit und weiter, wenn in Aschau das Angelusläuten einsetzt.
Peter Hacks, der große Sprachkünstler und große Theatermann, hätte sich vielleicht beschwert, wir wissen es nicht, er ist nicht in Aschau begraben. Ihm ging es doch so sehr um die Reinheit der Form. Aber längst sind wir an einem Punkt angelangt, an dem ein Bestehen auf der Reinheit der Form fern jeder Realität wäre – auch der Realität des Theaters. Aber an Peter Hacks habe ich noch an anderer Stelle denken müssen.
Bist anständig gwesen? ist ein Text von Ritter, Tod und Teufel. Man braucht den Dürer-Stich nicht zu kennen, um sich ein Bild zu machen. Hier begegnet die Vita Activa, der edelmütige Kämpfer, Tod und Teufel. Dem Tod in allen seinen Gestalten, deren Stimmen der Autor ertönen lässt. Die Teufelsanalogie tritt nur dort einmal direkt auf, wo er auf den Leibhaftigen trifft, auch wenn er den Bartl Kink, der auch noch der Glöckner des Ortes ist, nicht als Teufel bezeichnen wollte. Wenn es schon um Moral und Anstand geht, wie der Titel verspricht, so geht es vor allem um Würde. Sich das Maul zerreißen, lästern, oder engstirnig gotteseifernd zu sein, dürfte des Teufels sein. Gropper, der voller Bedacht an keiner Stelle richtet, auch an keiner rettet, spart keineswegs mit harschen, klaren, ganz offenbar notwendigen Worten, wenn er den Geistlichen Rat „monstergleich“ nennt.
Wolfgang Gropper hat 1989, noch vor Mauerfall, Peter Hacks’ Fredegunde am 21. Januar im Kleinen Haus des Staatstheaters Braunschweig uraufgeführt. Auch das mag interessant in diesem Zusammenhang sein, wenn manch einer Wolfgang Gropper mit Braunschweig erst seit Antritt seiner Intendanz 1997 verbunden sieht. Fredegunde führt uns ins 6. Jahrhundert. Eine neue intrigenunerfahrene Prinzessin bringt den Hof aus der Routine, weil sie das schon immer dagewesene Ränkespiel um Macht mitzuspielen nicht bereit ist. Und in Aschau bringt ein Mensch mit seinem Gang über den Friedhof eine Dorfgemeinschaft der Vergangenheit aus der Routine, weil er das alte Ränkespiel um Tradition und Moral mitzuspielen nicht bereit ist.
Es tut so gut zu lesen, dass hier zwar Ethik, Norm, Moral thematisiert sind, dass die Denkwelt einer Dorfgemeinschaft am Chiemsee und die Denkwelt eines Heimkehrers ihre Rollen in dem kleinen Stück Bist anständig gwesen? spielen, dass aber nicht die eine gegen die andere aufgerechnet wird, dass nicht die eine besser ist als die andere. Es ist ein Mysterienspiel mit ungewohnter Botschaft: „Du brauchst nicht gottesfürchtig zu sein; die Hauptsache ist, dass du ihn liebst.“ Hier hat endlich jemand den Grundsatz des Christentums verstanden, dass das Neue Testament über dem Alten steht.
„Die Herkunft bestimmt den Menschen“, sagt Göring über sein Spiegelberg. Das mag auch hier der Fall sein. Allerdings haben wir es hier mit einem guten Einfluss zu tun. Wolfgang Gropper ist ein Stimmungszauberer, einer, der den Menschen so manche hohle Phrase abgehört und aufgeschrieben hat. So kennen wir ihn seit 33 Jahren. Denn wenn wir uns beide auch tatsächlich noch nie begegnet sind, der Gropper Wolfgang und ich, ist e r m i r sehr wohl schon einmal begegnet. 1983 hatte ich im zarten Alter von 14 Jahren das Glück, dass meine Eltern Gerhard Polts Humor verstanden und schätzten, was man nicht von allen katholischen Eltern in der Berliner Diaspora sagen konnte. 1983 brachte Gerhard Polt seinen Film Kehraus heraus. Und da treffen wir Wolfgang Gropper in der Rolle des Heinz Böhm: Der ist, so die Rollenbezeichnung, Kalauersammler in seinem Unternehmen. Mit den gesammelten Sprüchen einer Dorfgemeinschaft unterhält uns Wolfgang Gropper von der ersten Seite bis zur letzten. Und man beginnt, selbst in dieser Stimmung zu denken. Wie ist es, können sich die Braunschweiger fragen, wenn sie nach 40 oder 60 Jahren nach Braunschweig heimkommen und die Kämpen von damals miteinander diskutieren hören, den Henkel Tobias und den Hoffmann Gerd etwa?
„Hast Angst vorm Sterbn?“ Diese Frage hört der Autor, als sein Gang über den Friedhof fast beendet ist. Er solle dahin gehen, wo de Musi spuid. Da wären wir also. Hie spuid de Musi. Danke!
Kritische Position zu Postenhäufung im Stiftungswesen
29. Februar 2016
Seit seinen ersten Beiträgen wendet sich Brömmling gegen Preise, Posten und Privilegien für Personen, die als bezahlte Führungskräfte das Werk eines Stifters weiterführen, selbst aber nicht Stifter sind. Die stiftungsethische Debatte hat in Deutschland gerade erst begonnen. Zu den Felder, die stiftungsethisch schwierig sind, gehört auch die Vermischung von Verantwortung als Funktionsträger des Staates mit Führungspositionen der Zivilgesellschaft. Der Journalist Christian Füller ist am Wochenende solch einem Fall auf den Grund gegangen und hat Brömmling dazu befragt. Nicht viele waren bereit, die an vielen Stellen schwelende Kritik offen zu äußern. Brömmling erklärte gegenüber Christian Füller im Gespräch: „Ich habe meine Probleme mit solchen Doppelzuständigkeiten. Als Spitzenbeamter zugleich eine private Stiftung zu leiten, ist mit der Idee von Stiftungen, die zwar nicht gegen, auf jeden Fall aber unabhängig vom Staat und seiner Verwaltung für die Gesellschaft wirken wollen, eigentlich nicht vereinbar. Stiftungen betonen stets, Teil der Zivilgesellschaft zu sein. Und die hat eigene, andere Aufgaben und Wirkungsmechanismen als Staat und Wirtschaft. Unsere Gesellschaft lebt vom Zusammenwirken aller drei Felder. Aber wir dürfen das, gerade auf oberster Ebene, personell nicht vermischen.“
Den Artikel in der Welt am Sonntag unter dem Titel „Scheitert Deutschlands Flüchtlingsmanager an Überlast?“ finden Sie auf den Seiten der Welt am Sonntag oder hier verlinkt.
Zweimal volles Haus: Brömmling stellt Gropper-Biografie vor
24. Februar 2016
Am Sonnabend, 27. Februar 2016, 18 Uhr, und am Sonntag, 28. Februar 2016, 11 Uhr, war der Saal im Haus der Braunschweigischen Stiftungen bis auf dem letzten Platz besetzt. Der „Lesefrühling“ begann mit der Buchpräsentation von Wolfgang Groppers „Bist anständig gwesen?“ Ein Gang über den Friedhof. Gerhart Polt hat für den autobiografischen Text ein Vorwort geschrieben. Brömmling stellte das Buch des ehemaligen Intendanten des Staatstheaters Braunschweig (1997-2010) vor. Gropper gehört seit der ersten Ausgabe von VIERVIERTELKULT zu den Autoren der Vierteljahresschrift der Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz, deren Ideen- und Namensgeber Brömmling ist. In seiner Buchvorstellung nahm Brömmling nicht nur Bezug auf den großen Sprach- und Theaterkünstler Peter Hacks, sondern zog auch Parallelen von Wolfgang Groppers Gang über den Friedhof zu Michael Görings Spiegelberg. Spiegelberg ist der dritte Roman des Vorstandsvorsitzenden der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius. Michael Göring wird am 8. April 2016 am gleichen Ort aus seinem Roman lesen.
Auf vielfachen Wunsch stellt Brömmling seinen Text in vollem Umfang zum Nachlesen hier zur Verfügung.
Sepul-was?? Wie wir heute der Toten gedenken
2. Januar 2016
Seit Mitte Dezember 2015 im Netz, seit 2. Januar 2016 in den Briefkästen und auf den Schreibtischen: Das Winterheft 2015 von VIERVIERTELKULT ist erschienen. Zur Sperrigkeit des Begriffes Sepulchralkultur ist gleich auf den ersten Seiten ein schöner Dialog zwischen Redaktion und Präsident nachzulesen. Dr. Gert Hoffmann, Braunschweigs Oberbürgermeister a. D. und Präsident der Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz, die VIERVIERTELKULT als ihre Vierteljahresschrift herausbringt, schreibt in seinem Editorial: … diese Ausgabe hat das Schwerpunktthema „Sepulkralkultur“. Ein sperriges und wahrlich auch nicht gerade geläufiges Wort. Sie werden auf Seite 4 lesen, dass die Redaktion deshalb selbstkritisch gleich anmerkt: „Wer hat dieses fürchterliche Fremdwort zum Schwerpunktthema erkoren?“ Ich selbst jedenfalls nicht, denn ich kannte es – ehrlich gesagt – gar nicht.
Warum also der Griff nach einem Fremdwort, wo es deutsche Wörter wie Bestattung, Friedhof, Grab gibt? Die Redaktion liefert die Begründung in der Einleitung zum Schwerpunkt gleich mit: Wer hat dieses fürchterliche Fremdwort zum Schwerpunktthema erkoren? Gibt es für Sepulkralkultur keine Entsprechung in deutscher Sprache? Grabeskultur, wörtlich übersetzt, hilft noch nicht weiter. Friedhofskultur im weiteren Sinne? Schon eher, aber nicht umfassend. Denn andere Formen des Bestattens sind neben das Versenken eines Sarges in Friedhofserde getreten, Feuer-, See- und Waldbestattung, auch Luftbestattung, wenn man so will. Dazu die Welt der Mausoleen, Sarkophage, Gruften. Der Einleitungsartikel zeigt, dass das meiste so neu nicht ist. Und in der Tat: In den wirklich entscheidenden Fällen, bei innigem Wunsch des Verstorbenen, haben die Bestatter auch früher ausnahmsweise ein Auge zugedrückt, wenn es dem ehrenden Andenken entsprach. Die Urne bei der Seebestattung eines guten Freundes 2012 enthielt nur die Hälfte der Asche. Die andere Hälfte streuten engste Freunde in den Rhein. Vater Rhein, der Fluss, an dem der verstorbene Schauspieler geboren war und den er sein ganzes Leben lang liebte, ganz gleich auf welchen Brettern der Welt er gerade spielte. Und doch ergibt es durchaus einen Sinn, dass das in anderen Fällen weiterhin verboten ist.
Brömmling, der für Idee, Konzept und Schriftleitung von VIERVIERTELKULT steht, hat in der Winterausgabe unter anderem den Präsidenten der TU Braunschweig, Prof. Dr. Jürgen Hesselbach, als Stiftungsrat interviewt, den Schwerpunkt eingeleitet und mit Serviceseiten versehen, geförderte Medien vorgestellt, Neuerscheinungen empfohlen und Justus Hagebölling porträtiert. Als Teil des Stiftungsvermögens stellt Brömmling diesmal den Gedenkort Buchhorst vor. Ein Blick über den Tellerrand hat sich plötzlich verselbstständigt und ist zu einer kleinen Weihnachtserzählung mutiert (mutiert ist in genau diesem Text auch ein „n“ zu einem „k“, wodurch sich ein kleiner Fehler eingeschlichen hat – aber das nur für die ganz Genauen). Brömmling wünscht angenehme Lektüre und freut sich über Anregungen und Eindrücke.