Kolumne: Neues aus der Stiftungsszene

5. Mai 2010

Quelle: Rechtshandbuch für Stiftungen, Nachlieferung 22, 7. Mai 2010

Am Rande bemerkt: Neues aus der Stiftungsszene…

Ganz Deutschland in Stiftungshand. Eine Übertreibung? Wohl kaum… Denn welche Nachricht wir auch immer hören: Es geschah in einer Stiftung. Ruhm generiert leider auch Neid, Bekanntheit Misstrauen, Güte Skepsis. Aber damit haben wir es dieses Mal eigentlich gar nicht zu tun. Es ist viel einfacher: Wenn plötzlich alles und jedes in Stiftungsform existiert oder alles in eine Stiftung umgewandelt wird oder alles zumindest noch eine Stiftung dranhängen hat, dann ist auch in immer mehr Skandalen ein bisschen Stiftung drin. Auch wenn Misswirtschaft und Missbrauch anteilmäßig nicht häufiger werden: Die Zahl der schwarzen Schafe oder zumindest der dubiosen Akteure bei den Stiftungen nimmt eben in gleichem Maße zu, wie die Zahl der Gesamtheit der Stiftungen zunimmt.

Zwei Beispiele aus den letzten Wochen, die Deutschland über einige Monate begleiteten. Wer erinnert sich nicht an den Maultaschenfall: Eine Mitarbeiterin packt sechs Maultaschen statt in den Mülleimer in ihre Handtasche und nimmt dann Maul- wie Handtasche von ihrem Arbeitsplatz nach Hause. Nach 1945 hätte man das vielleicht verstanden – im Hungerwinter 1946/47. Heute wirken arbeitsrechtliche Schritte zumindest dann verständlich, wenn man an die engen Grenzen denkt, die der Kündigungsschutz setzt. Die „Süddeutsche“ fand die Kündigung gut und richtig, die „Bild“ eher weniger. Aber was hier interessiert: Wer war eigentlich der Arbeitgeber? Das hat keine Zeitung unterlassen zu betonen: Eine Konstanzer Spitalstiftung. Da bricht die Bastion des besonders sozialen Umgangs miteinander in der Nonprofit-Gesellschaft.

Der zweite Fall, der alle Menschen bewegt, sind Schläge und anderer Missbrauch. Ob Windsbacher Knabenchor oder Regensburger Domspatzen: Stiftungen sind eng mit den Institutionen verbunden und tauchen in der Berichterstattung auf. Eine spürbare Folge hat die Diskussion aber auch für die Arbeit der Stiftungen. Durch die Aufdeckung der Missbrauchsfälle am Aloisius-Kolleg und am Canisius-Kolleg ist die Arbeit der zugehörigen Stiftungen nicht gerade einfacher geworden – auch wenn der Rektor des Canisius-Kollegs von allen an der Diskussion Beteiligten die beste Figur gemacht hat. Die Schrobenhausener Waisenhausstiftung hat es gleich mit zwei Skandalen oder Skandälchen zu tun: Hier ermittelt man wegen Schlägen und finanziellen Unregelmäßigkeiten. Gleichzeitig erscheint in diesen Tagen die deutsche Fassung von Gianluigi Nuzzis Offenbarungen über das System von wohltätigen Stiftungen des Vatikans, in denen Mafiagelder gewaschen und andere zweifelhafte Transaktionen ermöglicht wurden und werden; hier sei nur an die Stiftung Kardinal Francis Spellman erinnert. Klingt ein bisschen nach den jüdischen Vermächtnissen; wer hatte sich derer noch gleich bedient…?

Doch man kann auch positive Schlagzeilen als Stiftung machen – mitten im Skandal und ohne besser zu sein als die anderen. Das hat die Entwicklung der Finanzkrise gezeigt. Schon drei Monate nach dem ersten Einbruch an den Finanzmärkten gaben einige Stiftungen Entwarnung: Sie seien kaum von der Finanzkrise betroffen. Allerdings warnten ihre Interessenvertreter, dass sich die Schäden erst noch offenbaren würden. Sie hatten Recht mit ihrer vorsichtigen Warnung. Auch in der Folgezeit bot namentlich der Bundesverband Deutscher Stiftungen den Stiftungen vorbildlich seine Unterstützung an, und ungewöhnlich transparent und offen gingen die Stiftungen in der Folge mit Verlusten, Abschreibungen, Wertberichtigungen um. In manchem Jahresbericht kann man von verschwundenen Millionen lesen. So haben die Stiftungen in der Krise Mut bewiesen und gezeigt, dass man offen mit Problemen umgehen kann, dass eine Katastrophe nicht auch zur Kommunikationskatastrophe werden muss.

Durchhalteparolen waren allerdings auf Seiten der Banken üblich. Interessanterweise erzählten alle Banker vor genau einem Jahr auf dem Deutschen Stiftungstag in Hannover das gleiche: Ausgerechnet ihr eigenes Institut sei erstaunlich gut durch die Krise gekommen, quasi als einziges ohne nennenswerten Schaden und ohne Verluste für die Stiftungen. Schon damals nahm es Wunder, woher die Wertberichtigungen und Verluste der Stiftungen rührten. Gerade steht wieder ein Stiftungstag an, und ich wette mal frisch, dass wieder alle Finanzinstitute in ihren Lunch-Meetings beteuern werden, dass man gerade und nur mit ihnen gut durch die Krise gekommen ist (oder wäre, falls man das Glück hatte, dort Kunde zu sein).

Und zum Schluss der Nachrichten: Zum Sport. Das Fieber der Fußballweltmeisterschaft hat schon wieder alle gepackt, und wo es um Sport und Stiftungen geht, redet jeder nur noch von „Fußball und Stiftungen“. Da gerät manch gute Tat leicht ins Abseits: Beinahe unbeachtet zum Beispiel sind die Viertelmillion Dollar, die die Lance-Armstrong-Stiftung „Livestrong“ für den Wiederaufbau in Haiti spendete. Einer der größten Sportler aller Zeiten, der schöne Michael Phelps, ist ebenfalls ein großer Stifter. Nur ist er leider Schwimmer, nicht Kicker. Dabei können sich die 830.000 Euro Siegprämie, die Phelps von einem australischen Bademodenhersteller bekam und direkt in seine Stiftung für Kinder gab, sehen lassen im Vergleich zu den teils lütten Finanzausstattungen der Fußballerstiftungen.

Nicht nur die Spitzensportler stiften. Auf Vereinsebene tut sich ebenfalls Einiges. Doch auch die Horst-Schmidt-Jugendstiftung des Seglerverbandes Schleswig-Holstein wird sich in diesen Tagen schwer Gehör verschaffen. Dabei sind die Projekte mindestens ebenso wunderbar wie die aus der Welt zwischen zwei Toren; der Leichtgewichts-Achter im Projekt „Rudern gegen Krebs“ der Stiftung Leben mit Krebs ist auch so ein Beispiel.

Viele Sportler sind in Stiftungen aktiv. Eine von ihnen ist Irene Epple-Waigel. Sie engagiert sich in der Tabalugastiftung für Kinder in Not, für die Stiftung Kindergesundheit ist sie sogar Schirmherrin. Ebenfalls  außerhalb des Fußballs betätigte sich schon Wilhelm Zwo als Stifter: Er stiftete einen kaiserlichen Wanderpokal für die akademischen Ruderer in Berlin und ging damit fast auf die ursprüngliche Bedeutung des Wortes „Stiftung“ zurück. Seelgeräte waren das damals im Mittelalter, eine Monstranz, eine Hostienschale oder ein Pokal eben. Nur dass dieses Seelgerät damals nicht „Pokal“, sondern noch „Kelch“ hieß.

Wenn der Fußball nun aber ein so guter Stifter ist, würde ich vorschlagen, dass für den Fall, dass „wir“ den Titel holen, alle Sponsorengelder, Prämien und Honorare in die neue große WELTMEISTERSTIFTUNG gehen.

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