Nach meinem Besuch bei der Stiftung Lyrik Kabinett: Da weiß ich doch wieder, warum es sich lohnt, sich für Stiftungen zu engagieren. Was eine einzelne Person mit einer Stiftung auf die Beine stellen kann, zeigt die Stifterin des Lyrik Kabinetts. Beheimatet in einem kleinen Häuschen in der Amalienstraße, zeigt die Stiftung Poesie aus Vergangenheit und Gegenwart. Mitarbeiter unterstützen die Nutzer der Bibliothek, organisieren Lesungen, verlegen wunderbare Bücher (wunderbar, was Inhalt und Gestaltung angeht). Das wird ein guter gemeinsamer Auftritt der elf Stiftungen bei der Frankfurter Buchmesse (www.stiftungsverlage.de).
Fußball & Stiftungen
Fünf Millionen Euro dürfte das heutige Spiel Deutschland gegen Malta der DFB-Stiftung Egidius Braun und Projekten weiterer Fußballstiftungen bringen. Das ist endlich einmal eine handfeste Summe. Bisher wurde das stifterische Engagement der Fußballer ja eher unbegründet in den Himmel gehoben. Nicht, dass es schlecht ist, dass sich Philipp Lahm & Co. für die Gesellschaft engagiert. Es sind tatsächlich eine ganze Reihe von Fußballern im Lauf der Zeit hinzugekommen: Lahm, Lell, Asamoah, Metzelder, Mertesacker: Aber nur auf den ersten Blick ist bei den Fußballprofis der Stiftungsgedanke viel stärker verbreitet als in anderen Sportarten. Franz Beckenbauer hat sogar schon im Jahr 1982 seine Stiftung mit einer Million DM Stiftungsvermögen ausgestattet. Die Sepp-Herberger-Stiftung (Botschafter Oliver Kahn) und die DFB-Stiftung Egidius Braun sind als Institutionen sowohl im Fußball wie im Stiftungswesen fest etabliert.
Aber Fußballerstiftungen sind nur ein kleiner Teil des Engagements von Sportlern. Das Fieber der Fußballweltmeisterschaft hat schon wieder alle gepackt, und wo es um Sport und Stiftungen geht, redet jeder nur noch von „Fußball und Stiftungen“. Da gerät manch gute Tat leicht ins Abseits: Beinahe unbeachtet zum Beispiel ist die Viertelmillion Dollar, die die Lance-Armstrong-Stiftung „Livestrong“ für den Wiederaufbau in Haiti spendete. Einer der größten Sportler aller Zeiten, der schöne Michael Phelps, ist ebenfalls ein großer Stifter. Nur ist er leider Schwimmer, nicht Kicker. Dabei können sich die 830.000 Euro Siegprämie, die Phelps von einem australischen Bademodenhersteller bekam und direkt in seine Stiftung für Kinder gab, sehen lassen im Vergleich zu den teils lütten Finanzausstattungen der Fußballerstiftungen.
Nicht nur die Spitzensportler stiften. Auf Vereinsebene tut sich ebenfalls Einiges. Doch auch die Horst-Schmidt-Jugendstiftung des Seglerverbandes Schleswig-Holstein wird sich in diesen Tagen schwer Gehör verschaffen. Dabei sind die Projekte mindestens ebenso wunderbar wie die aus der Welt zwischen zwei Toren; der Leichtgewichts-Achter im Projekt „Rudern gegen Krebs“ der Stiftung Leben mit Krebs ist auch so ein Beispiel.
Also trotz des WM-Fieber auch mal auf die anderen schauen. Aber jetzt erst einmal Daumen drücken für heute Abend.
Viel besser ohne die Politik
Menschen, die zum ersten Mal bei einem Stiftungstreffen waren, zeigten sich begeistert. Aber auch alte Hasen äußerten ziemlich einhellig die Meinung, das sei die beste Festveranstaltung mit Preisverleihung gewesen, die es je auf einem Stiftungstag gegeben hat (Alte Oper Frankfurt, heute Mittag). Rahmenprogramm stimmte (mehr als das). Die Laudation von Heribert Prantl von der Süddeutschen großartig. Der Geehrte und neue Preisträger des Deutschen Stifterpreises 2010, Jens Mittelsten Scheid, faszinierend in seiner Bescheidenheit, aber auch, was seine Dankesrede betraf: Wenn wir weiter nur auf Wachstum um des Wachstums willen achten, geht es mit der Gesellschaft irgendwann den Bach herunter. Und Jens Mittelsten Scheid leitete mit seinen Worten ein, was viele an diesem Tag spürten: Als er etwas zu physikalischen Gesetzen sagen wollte, die auf die Gesellschaft übertragbar seien, sagte er: „Und an dieser Stelle bedaure auch ich, dass Frau Merkel heute abgesagt hat…“ Ansonsten offensichtlich also nicht.
Von allen Rednern des Tages war nur ein Beitrag schlecht: Das Grußwort der Hessischen Landesregierung. Staatsministerin Dorothea Henzler gab hölzern die üblichen Allgemeinplätze über Stiftungen zum Besten. Wichtig, toll, unverzichtbar. Ohne Stiftungen würde die Gesellschaft gar nicht richtig gut sein usw. Die Erkenntnis spätestens an diesem Tag: Stiftungsaktivitäten und Stiftungsfeste, überhaupt stifterisches Engagement gewinnt, wo es sich einfach auf sich selbst verlässt. Nix gegen Angie: Aber schön, dass sie absagen musste.
Tiefpunkt
Der zweite Konferenztag war durchwachsen. Gute Vorträge beim gemeinsamen Treffen der Arbeitskreise „Kommunales“ und „Bürgerstiftungen“. Gute PK, viele nützliche Gespräche am Rande. Doch was soll ich zum Lunch Meeting im Senckenberg-Museum schreiben? Vielleicht nur so viel: Gut, dass der Kamtschatka-Bär keine Ohren hat. Aber das schwäbische Essen war ausgezeichnet (danke, BW-Bank)!
Stiftungen und Gewalt – ein gewaltiger Beitrag
Die bislang beste Veranstaltung des Stiftungstages: Das Forum Stiftungen und Öffentlichkeit, das Katrin Succow jetzt schon zum 5. Mal moderierte. Sie hatte das Thema diesmal sehr gut ausgesucht: Was tun Stiftungen, um der Gewalt in der Gesellschaft zu begegnen? Über 1.000 Stiftungen beschäftigen sich in der einen oder anderen Form mit Gewalt und deren Folgen, sei es zur Prävention, zur Aufarbeitung, zum Umgang mit Straftätern oder zur Opferpflege. Auch das Podium war mit Bedacht besetzt: Von der Stiftung der Polizeigewerkschaft bis hin zur Amadeu Antonio Stiftung reichte das Spektrum. Auch Jutta Speidel war mit ihrer Stiftung dabei. Christian Pfeiffer schaffte es wieder einmal, mit einem Anfangsvortrag die Zuhörer für das Thema zu sensibilisieren. Und durch die schauspielerische Einlage zu Beginn (Iva und Giorgos vom Werkraum Karlsruhe) war man eh gut eingestimmt auf die folgende Diskussion.
Politiknähe und Kotau
Hätte sehr schön werden können (und war auch eigentlich schön). Die Eröffnungsveranstaltung des Stiftungstages in der Frankfurter Paulskirche. Würdiger Rahmen. Und dann doch die üblichen Verdächtigen. OB Roth, die ja wirklich stiftungsfreundlich in der Stadt agiert. Die aber mit ihrer Rede von der Subsidiarität die Dinge doch verdreht. Schließlich bettelt sie bei den Stiftungen noch um Beiträge für einen Technologiepark. Die Stiftungen auf dem Podium sagen ihrerseits schöne Worte. Über ihre Arbeit. Und die Politik. Und die Bedeutung der Stiftungen für die Stadt. Die wirklich wunderbare älteste Frankfurter Stiftung (Frau OB: n i c h t die älteste Stiftung Deutschlands), das Katharinen- und Weißfrauenstift. Die Projekte der Stiftung Polytechnische Gesellschaft, die Frankfurt schon in den wenigen Jahren ihres Bestehens sehr positiv geprägt haben. Aber letztlich bleibt doch der große Kotau vor der Politik, den die Stiftungen nicht nötig haben (das liegt auch an sehr wohlfeilen Fragen).
Diskussionsbedarf für Treuhandstiftungen
Das heutige Expertentreffen Treuhandstiftungen hat wieder gezeigt: Es besteht dringender Bedarf an Diskussion, Austausch und Beratung für treuhänderische Stiftungen. Gerade die Vorgaben der BaFin, aber auch die unterschiedliche Handlungsweise der Finanzbehörden der Länder zeigen, dass die unselbstständigen Stiftungen und ihre Treuhänder Erfahrungsaustausch wünschen und durchaus auch Lobbyarbeit für sich machen müssen – und sie haben durchaus andere Interessen als die rechtsfähigen Stiftungen. Die hervorragenden Ausführungen von Volkmar Heun – aber auch der anderen Referenten lassen nur nach mehr Information verlangen.
Da staunten die Teilnehmer der „Kundenkonferenz“ auf dem Deutschen Stiftungstag nicht schlecht. Oliver Postler erklärte den Anwesenden: „Zum Glück haben wir die Finanzmarktkrise hinter uns.“ Auch wenn er Nachwirkungen identifizierte, war für ihn die Krise vorbei. Die Stiftungen verhalten sich hier in der Regel weiterhin nicht ganz so optimistisch wie die Bank. Dafür sehr gut der Transparenzbericht von Albert Otten von der Welthungerhilfe. Transparenz hat nicht nur etwas mit einem regelmäßigen Geschäftsbericht zu tun. Bestandteile umfassender Transparenz sind neben dem Berichtswesen auch die Formulierung eines Verhaltenskodex mit Prinzipien für Führung, Kommunikation und Wirkungsbeobachten, die Revision/Controlling, die Evaluation und die Aufsicht. Das geht noch über das Handelsblatt-Interview mit Michael Endres vom heutigen Tage hinaus.
Stiftungstag ohne Merkel: War ja klar
Ach ich hätte wetten sollen (aber mit mir wettet keiner mehr, weil ich die meisten Wetten gewinne). Ich hatte schon beim ersten Hören gesagt, dass ich sicher bin, dass Angela Merkel auch diesmal nicht zum Stiftungstag kommen werde. Sie hatte schon einmal abgesagt: 2006 wurde sie beim Deutschen Stiftungstag in Dresden erwartet und kam nicht – aus einem verhältnismäßig unwichtigen Grund. Klar, dass diesmal was wirklich Wichtiges dazwischenkam. Aber selbst wenn es nicht Brüssel gewesen wäre – zwei Tage vor der Landtagswahl in NRW hätte „Die Kanzlerin kommt!“ in Bottrop oder Königswinter auch gewirkt.
Es bedarf ja gar nicht dieser Politiknähe, die manche (im) Stiftungswesen immer bemühen. Nichts gegen Angela Merkel. Aber das Stiftungstreffen ist gut und schlagkräftig auch ohne sie.
Herties Jahrespressekonferenz
Heute – fast zum Auftakt des Deutschen Stiftungstages – die JPK der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung. Für die Herties habe ich mal gearbeitet – genauer gesagt für ein großes Projekt der Stiftung, die Hertie School of Governance (die leider immer noch nicht Willy Brandt School of Governance heißt, weiterhin ein Kommunikationsschnitzer, wenn nicht politischer und strategischer Fehler). Und als „Ehemaliger“, der natürlich die ganzen Interna kennt, war ich gespannt zu hören, wie der Vorstandsvorsitzende Michael Endres die Arbeit des letzten Jahres bilanziert – und was sich zwischen den Zeilen lesen lässt. Endres präsentierte transparent, ging offen mit den Zahlen um – nannte auch wieder den Vermögensverlust von 9,2 Prozent im Jahr 2008, dem allerdings ein Vermögenszuwachs um 9,2 Prozent in 2009 folgte – was immer noch ein Gesamtdelta von 7 Mio ergibt. Wegen Differenzierung in drei Kernbereiche und jeweiliger Fokussierung bleiben nicht alle Projekte übersichtlich, nicht alles kann einem der drei Bereiche zugeordnet werden. Die Unterstützung für das Städel zum Beispiel, auch das Projekt „Beruf und Familie“. An solchen Zuordnungsproblemen zeigt sich, dass es nicht immer von Vorteil ist, sich zu eng auf einzelne Fördersäulen zu beschränken. Insgesamt kann sich das Ergebnis der Arbeit sehen lassen und beeindruckte natürlich die anwesenden Journalisten (ziemlich viele übrigens). Wie die Förderung für die Hertie School weitergehen wird, wurde nicht gesagt – ursprünglich waren ja mal fünf Jahre geplant, und diese fünf Jahre sind inzwischen vorbei (es findet, glaube ich, auch gerade ein Schaulaufen statt, und die School muss sich vor der Stiftung präsentieren).
Besonders interessant aber waren Endres‘ Worte zur Transparenz im Stiftungswesen. Für die großen und mittelren Stiftungen mahnt er Transparenz in dem Maße an, wie sie Hertie zeigt. Für die kleinen fordert er Mindeststandards: Was nehmen die Stifutngen ein? Wofür geben sie es aus? Wie viel wenden sie für die Verwaltung auf? (Bei den Herties sind es 2,8 Mio.)
Fälle wie die Treberhilfe, die sich offensichtlich einen Maserati für ihren Geschäftsführer leisten konnte, „zersetzen jede Glaubwürigkeit“, so Endres. Allerdings sprach er immer von der „Treber-Stiftung“. Die Treberhilfe ist allerdings keine Stiftung, auch kein Verein, sondern eine gemeinnützige GmbH. Schlimm genug.
Auch interessant von Endres: „Stiftungsrecht ist leider Landesrecht.“ Den Satz hört man normalerweise ohne das „leider“.
Ab morgen: der Deutsche Stiftungstag…





