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29. Aug. 2016

Kurzkritik Gonsholt & Westerberg: „Here Be Dragons“

von broemmling

Angeschaut! Alle som har muligheten til å reise til Skien innen 17. september, anbefales å besøke utstillingen Here Be Dragons av Stine Gonsholt og Cecilia Westerberg i Spriten Kunsthall. Wer bis zum 17. September in Skien vorbeikommt, sollte sich die Ausstellung Here Be Dragons von Stine Gonsholt und Cecilia Westerberg in der Kunsthalle Spriten anschauen. Die Installationen der beiden Künstlerinnen zeigen, wie sich neue Räume erschließen, wie wir unbekanntes Land in Besitz nehmen und wie unterschiedliche Gesellschaften verschiedener Epochen mit unbekanntem Gelände umgehen. Auf den Bildern zu sehen „Ink on paper (a history of imagination)“ und „Ab Orgine (according toWegener)“ von Gonsholt und zwei Arbeiten von Westerberg zu Dürers Apokalypse und Collagen, inspiriert von „The 100“.

Spriten Kunsthall, Tømmerkaia 19, 3732 Skien

bis 17. September 2016, Mi-Sa 12-16 Uhr.

Spriten Westerberg II

Spriten Westerberg I

Spriten Gonsholt Ink on paper

Spriten Gonsholt Ab Orgine

27. Aug. 2016

Kurzkritik: Johns+Munch

von broemmling

Abgeschaut! Heute im Munch-Museum in der Ausstellung „Johns+Munch“. Wie leicht ist doch Epigonentum zu haben! Einmal „E.M.“ In die Ecke geschrieben, ein paar Jahresringe und ein lose hingelegter Arm, und schon hat man eine Doppelausstellung mit Edvard Munch sicher. Ist jedenfalls der oberflächliche erste Gedanke. Und dann entdeckt man immer mehr subtile Hinweise und innere Verbindungslinien und freut sich über eine intelligent von John B. Ravenal kuratierte Ausstellung mit dicker Bewachung.

Johns+Munch, Munch-Museet, Tøyengata 53, 0578 Oslo

bis 25. September 2016, Mo-So 9-17 Uhr.

25. Aug. 2016

Kurzkritik: Nora Around the World

von broemmling

Angeschaut! Heute war ich in der Osloer Nationalbibliothek, wo ich viele Wochen meines Lebens zugebracht habe für Magisterarbeit 1996 und Doktorarbeit 2012. Unbedingt ansehen: spannende Ausstellung Nora Around the World über die weltweite Wirkung von Nora – ein Puppenheim (hier zu sehen u. a. ein Plakat einer Inszenierung in Damaskus aus dem Jahr 2000). Ibsens Drama von 1879 dürfte mehr für die Emanzipation getan haben als irgendein anderes literarisches Werk überhaupt. In China ist Noraismus das Wort für Feminismus. In Indien entfernt Nora den Puder aus ihrem Haar, der dort Symbol der verheirateten Frau ist.

Und in Malawi spielt man eine Bearbeitung des Stückes unter dem Titel Breaking the Pot. Was offenbar das passende Bild wider Unterdrückung und Ungleichheit ist. Feine Ausstellung mit lustigen Filmausschnitten u. a. mit Jane Fonda und Anthony Hopkins (n i c h t im selben Film).

Nora around the World. Nasjonalbiblioteket, Henrik Ibsens gate 110 (Solli plass), Oslo

9. Juni bis 17. September 2016. Mo-Fr 9-18 Uhr, Septembersamstage 9-14 Uhr.

18. Aug. 2016

Kurzkritik Willem Frederik Hermans: „Unter Professoren“

von broemmling

Ausgelesen! Es ist kaum zu glauben: ein Roman aus dem Jahr 1975, der 40 Jahre später ins Deutsche übersetzt nichts, aber auch gar nichts von seiner Aktualität eingebüßt hat. Die Handlung ist fein, aber gar nicht das Wichtigste: Professor Dingelam von der Universität Groningen erhält den Nobelpreis für Chemie. Der Rest sind  Missgunst unter Kollegen, Intrigen, heimliche Begierden und Marcuse und Marx folgende Studenten. Ob ein schwierig zu domestizierender Hahn, ob ein Ausflug von Professoren mit Ehefrauen in einen Sexklub, ob die Besetzung von Dingelams Büro, gleichviel: Dieser Roman lässt einen optimistisch in die Zukunft schauen. Warum? Alle klagen über die Verrohung der Sittten, über Shitstorms in Social-Media-Zeiten. Früher war alles besser? In „Unter Professoren“ wird keine einzige Email geschrieben, keine Nachricht geteilt, kein Tweet retweeted, wie auch: 1975. Aber Neid, Missgunst, Scheinheiligkeit und Oberflächlichkeit können unter Kollegen heute nicht schlimmer und böser sein als damals. Niederlande und Flandern sind Ehrengast 2016 auf der Frankfurter Buchmesse. Es gibt keine unterhaltsamere und würdigere Vorbereitung darauf als Willem Frederik Hermans, übersetzt von Helga von Beuningen und Barbara Heller.

Willem Frederik Hermans: „Unter Professoren“. Aus dem Niederländischen von Helga von Beuningen und Barbara Heller. Aufbau Verlag, Berlin 2016. 512 Seiten, 22,95 Euro.

17. Aug. 2016

Brömmling über Rezensionen im Schwabe Magazin

von broemmling

Heute erschienen: Brömmlings Gastbeitrag im Schwabe Magazin zum Wesen der Rezension unter dem Titel “Kritik der Urteilskraft”. Brömmlings Artikel inVIERVIERTELKULT vom vergangenen Herbst war einigen Verlagen aufgefallen. Für das Magazin des Schwabe Verlages hat Brömmling seinen Artikel, in dem so unterschiedliche Charaktere wie Pontius Pilatus, Til Schweiger, Monika Grütters, Georg Kreisler und Michael Ende eine Rolle spielen, um den Zitierstreit zwischen Verlagen auf der einen Seite und Tagesspiegel und Süddeutscher Zeitung auf der anderen erweitert und insgesamt aktualisiert. Den ganzen Artikel entweder im Schwabe Magazin auf den Seiten 17-18, bei broemmling.de oder als pdf: 2 – Schwabe_Magazin_2_2016_Brömmling

10. Aug. 2016

Kurzkritik Joachim Winkelmann: „Eduard F. Pulvermann“

von broemmling

Ausgelesen! Pulvermanns Grab kennen selbst jene, die dem Pferdesport nicht viel abgewinnen können. Aber wer war der Namensgeber dieses Hindernisses? Es ist das Verdienst des Hamburger Arztes Joachim Winkelmann, Quellen zur Lebensgeschichte Eduard F. Pulvermanns gesammelt und gesichtet zu haben. Daraus ist eine Biographie entstanden, die einen international tätigen Kaufmann und Gründer des Deutschen Springderbys vorstellt, der 1882 in Hamburg geboren wurde und auf perfide Weise in die Mühlen der NS-Justiz geriet. Ein einziger Satz in einem privaten Brief, den Pulvermann 1939 aus Oslo nach New York schreibt, wird zum Aufhänger eines grotesken Heimtückeverfahrens: „Das Essen bei uns ist furchtbar.“ Pulvermann meinte nicht das Essen in Oslo – und nach der Invasion deutscher Truppen in Norwegen am 9. April 1940 wird in einem Bankschließfach in der norwegischen Hauptstadt eine Kopie des Briefes gefunden. Der Autor erzählt diese und andere Begebenheiten mit Einfühlungsvermögen, aber auch mit dem nötigen Abstand. Besonders hervorzuheben ist sein kritischer Umgang mit unkritischen Darstellungen wie etwa der von Nele Maya Fahnenbruck über die Rolle des Pferdesportes im Nationalsozialismus. Hier scheinen wenn nicht LTI, Lingua Tertii Imperii, so doch Wert- und Urteilsskala der Nazis unreflektiert übernommen, wenn vom „jüdischen Kaufmann“ Pulvermann die Rede ist. Eduard F. Pulvermann kam als Kind protestantisch getaufter Christen zu Welt. Das ändert wenig an der Absurdität der Behandlung Pulvermanns, der sich nach dem Heimtückeprozess noch einem Prozess wegen Erschleichung einer Devisengenehmigung ausgesetzt sah und bis zu seinem Tod 1944 nicht mehr die Freiheit zurückerlangen sollte; aber den schmalen Grat, auf dem auch Berufshistoriker hier bei ihren Formulierungen wandeln müssen, bewältigt Winkelmann überzeugend. Pulvermanns spannendes Leben verdient öffentliche Aufmerksamkeit. Solche verhältnismäßig unbekannten Hamburger würdigt leider eine Reihe wie die auf dem Foto abgebildete Hamburger Köpfe nicht. Auch Max Emden ist so ein Fall. Der Kaufhauskönig und Mitstifter der Hamburgischen Wissenschaftlichen Stiftung wird demnächst in einer Biographie gewürdigt, die voraussichtlich Ende des Jahres bei Hamburg University Press erscheinen wird. Winkelmanns Buch über Eduard Pulvermann kann direkt bei Books on Demand bestellt werden.

Joachim Winkelmann: Eduard F. Pulvermann 1882-1944. Geschichte eines Hamburger Kaufmanns und Reiters. Hamburg, zweite, gründlich überarbeitete und erweiterte Auflage Norderstedt 2016. 178 Seiten, 19,95 Euro.

6. Aug. 2016

Kurzkritik: zwei Bücher zu den Ernestinern

von broemmling

Ausgelesen! Das muss ein edles Fürstengeschlecht sein, dessen frühe Vertreter die Beinamen der Weiseder Beständigeder Großmütige tragen. Nach der Leipziger Hauptteilung 1485 regierten die Wettiner Brüder Ernst und Albrecht ihren Teil Sachsens allein, die Ernestiner im Westen zunächst als Kurfürsten, die Albertiner im Osten als Herzöge. Dass sich das Kurblatt nach dem Schmalkaldischen Krieg 1547 wendete, gehört schon zum Spezialwissen. Zeitweise gab es zehn ernestinische Herzogtümer. Diese galten als mindermächtige politische Zwerge. Wer im Sommer die Thüringer Landesausstellung über die Ernestiner versäumt hat, mag sich mit zwei Bänden ins Thema vertiefen. Hier liest man von Wohl und Weh der Kleinstaaterei, die uns in Schulbüchern stets nur als Nachteil vermittelt wurde. Der Kulturreichtum Deutschlands, der sich auch an Orten wie Wolfenbüttel und Braunschweig manifestiert, hat durch die Ernestiner unter anderem Schloss Friedenstein in Gotha hervorgebracht und Aufstieg der Universität Jena sowie Blüte der Weimarer Klassik begünstigt. Im Lesebuch erfahren wir auch, dass die Ernestiner früher als andere durch Bußgelder auf Nachtigallenfang Artenschutz betrieben (Wolfgang Burgdorf) – wenn auch nur zum Behuf des Gesangsschutzes. Edel war nicht alles, ahnt man, wenn man alles liest.

Siegrid Westphal | Hans-Werner Hahn | Georg Schmidt (Hg.): Die Welt der Ernestiner. Ein Lesebuch. Böhlau Verlag, Köln 2016. 389 Seiten, 19,99 Euro.
Werner Greiling | Gerhard Müller | Uwe Schirmer | Helmut G. Walther (Hg.): Die Ernestiner. Politik, Kultur und gesellschaftlicher Wandel (=  Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Thüringen, Kleine Reihe Band 50). Böhlau Verlag, Köln 2016. 512 Seiten, 60 Euro.

4. Aug. 2016

Kurzkritik Michael Wolffsohn: „Zivilcourage“

von broemmling

Nehmen wir aus der Zivilgesellschaft die Teilmenge Zivilcourage heraus, haben wir es mit einer Reihe von Stiftungen zu tun, die zur Zivilcourage ermutigen und gegen Menschenfeindlichkeit in unserer Gesellschaft einstehen. Allen voran kämpft mutig die Amadeu-Antonio-Stiftung gegen Hass und Gewalt, aber auch die Solbach-Freise-Stiftung für Zivilcourage mit Sitz in Bodenwerder und die Bozener Ilse-Waldthaler-Stiftung für Zivilcourage und soziale Verantwortung sind hier zu nennen. In einem bemerkenswerten Essay sagt uns Michael Wolffsohn, Professor Emeritus an der Bundeswehruniversität München, was davon zu halten ist, wenn der Staat zu Zivilcourage auffordert: Dann hat er sich selbst aufgegeben und gibt seine originäre Verantwortung ab. Der Denkanstoß richtet sich keineswegs gegen stifterisches Engagement für Zivilcourage. Er zeigt aber die Folgen einer Beliebigkeit, wie sie immer häufiger zu finden ist, wenn stifterisches und staatliches Handeln unüberlegt zusammengehen und vermeintlich dasselbe sind. Zivilgesellschaft entsteht aus sich selbst. Und Zivilcourage auch. Das sich Wolffsohn zum Schluss allerdings mit dem kleinen Jungen aus Des Kaisers neue Kleider vergleicht, dem einzig Schlauen des Märchens, mindert den philosophischen Wert des Textes.
Michael Wolffsohn: Zivilcourage. Wie der Staat seine Bürger im Stich lässt. dtv Verlagsgesellschaft, München 2016. 93 Seiten, 7,90 Euro. 978-3-423-34885-0.

2. Aug. 2016

Kurzrezension reloaded: „Schwarzbuch Bührle“

von broemmling


In der NL 46 des StiftungsManagers findet sich Brömmlings Besprechung des von Thomas Buomberger und Guido Magnaguagno herausgegebenen Schwarzbuches Bührle. Nachstehend ein Auszug:

Das Schwarzbuch Bührle wirft ein weniger gutes Licht auf die Schweiz. Die Geschichte des spendenfreundlichen Waffenlieferanten Nazideutschlands, der 1942 ins Komitee der Internationalen Musikfestwochen Luzern aufgenommen wurde, unter anderem weil er zwei Millionen Franken Stiftungsgelder in Aussicht stellte, ist nicht nur spannender als jeder erfundene Stiftungskrimi je sein könnte; die Geschichte der geplanten Übernahme von Emil G. Bührles Gemäldesammlung durch das Kunsthaus Zürich ist mit Blick auf die Panama Papers, zum Zwecke der Verschleierung missbrauchte Stiftungen, die Modigliani-Story und den Fall des Kunsthändlers Gurlitt hochaktuell.

Jetzt legt der Rotpunktverlag, dem das Schwarzbuch zu verdanken ist, nach und informiert in seinem Newsletter: Ein Jahr nach dem Erscheinen des Schwarzbuch Bührle, das u.a. der Herkunft der Bilder des Waffenfabrikanten Nazideutschlands nachgeht, reagiert die Stiftung Bührle mit einer »Richtigstellung«, ausführlich dargelegt in einem Artikel von Philipp Meier in der NZZ (6.7.) der Bührle, etwas lapidar, »wenig Fingerspitzengefühl« beim Sammeln von Kunst bescheinigt. In ihrer Replik im selben Blatt (10.7.), »Sammlung Bührle muss die Archive öffnen«, fordern die Herausgeber des Schwarzbuchs, Thomas Buomberger und Guido Magnaguagno, einen transparenten Umgang mit Raub- und sogenannt entarteter Kunst, die in dem Kunsthaus-Neubau ab 2020 ausgestellt werden soll.

Wer das Buch und die Diskussion noch nicht kennt, erfährt beim Rotpunktverlag Einzelheiten.

Thomas Buomberger | Guido Magnaguagno (Hg.): Schwarzbuch Bührle. Raubkunst für das Kunsthaus Zürich? Rotpunktverlag, Zürich 2015. 255 Seiten, 34 Euro. 978-3-85869-664-9.

29. Juli 2016

Kurzkritik Han Kang: „Die Vegetarierin“

von broemmling


Ausgelesen! Han Kangs außergewöhnlicher Text „Die Vegetarierin“ ist alles, nur kein Roman im üblichen Sinne. Es ist dreifaches Novellenfragment, es sind drei Monologe über Zerrissenheit und Determinierung, Stärke und Freiheit – und die Ödnis und Naturferne von Familienstrukturen in Seoul. In einem der Monologe ist auf den Filmemacher Hayao Miyazaki verwiesen, man denkt an Henri Rousseau und weniger an Kafka (auf den der Klappentext anspielt) als an Broch (was für mich eher positiv besetzt ist). Keine seichte Lektüre, aber dafür Literatur. Die Südkoreanerin erhielt hälftig mit der Übersetzerin ins Englische, Debbie Smith, den Man Brooker Prize, der mit insgesamt 50.000 Pfund dotiert ist. Die Brooker Prize Foundation, errichtet 2002, nennt den Preis selbst eine der höchsten Literaturauszeichnungen Großbritanniens. „Die Vegetarierin“ ist beim Aufbau-Verlag erschienen.