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Kurzkritik: zwei Bücher zu den Ernestinern

von broemmling am 6. August 2016

Ausgelesen! Das muss ein edles Fürstengeschlecht sein, dessen frühe Vertreter die Beinamen der Weiseder Beständigeder Großmütige tragen. Nach der Leipziger Hauptteilung 1485 regierten die Wettiner Brüder Ernst und Albrecht ihren Teil Sachsens allein, die Ernestiner im Westen zunächst als Kurfürsten, die Albertiner im Osten als Herzöge. Dass sich das Kurblatt nach dem Schmalkaldischen Krieg 1547 wendete, gehört schon zum Spezialwissen. Zeitweise gab es zehn ernestinische Herzogtümer. Diese galten als mindermächtige politische Zwerge. Wer im Sommer die Thüringer Landesausstellung über die Ernestiner versäumt hat, mag sich mit zwei Bänden ins Thema vertiefen. Hier liest man von Wohl und Weh der Kleinstaaterei, die uns in Schulbüchern stets nur als Nachteil vermittelt wurde. Der Kulturreichtum Deutschlands, der sich auch an Orten wie Wolfenbüttel und Braunschweig manifestiert, hat durch die Ernestiner unter anderem Schloss Friedenstein in Gotha hervorgebracht und Aufstieg der Universität Jena sowie Blüte der Weimarer Klassik begünstigt. Im Lesebuch erfahren wir auch, dass die Ernestiner früher als andere durch Bußgelder auf Nachtigallenfang Artenschutz betrieben (Wolfgang Burgdorf) – wenn auch nur zum Behuf des Gesangsschutzes. Edel war nicht alles, ahnt man, wenn man alles liest.

Siegrid Westphal | Hans-Werner Hahn | Georg Schmidt (Hg.): Die Welt der Ernestiner. Ein Lesebuch. Böhlau Verlag, Köln 2016. 389 Seiten, 19,99 Euro.
Werner Greiling | Gerhard Müller | Uwe Schirmer | Helmut G. Walther (Hg.): Die Ernestiner. Politik, Kultur und gesellschaftlicher Wandel (=  Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Thüringen, Kleine Reihe Band 50). Böhlau Verlag, Köln 2016. 512 Seiten, 60 Euro.

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