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Neuerscheinungen zum Stiftungswesen

von broemmling am 2. Juli 2021

Aus dem StiftungsManager, Nachlieferung 1/21

Olaf Werner | Ingo Saenger | Christian Fischer (Hg.): Die Stiftung. Recht – Steuern – Wirtschaft. 2. Auflage. Nomos Verlag, Baden-Baden 2019. 1184 Seiten, 138 Euro. 978-3-8329-5222-8.

Jeder zweite juristische Fachverlag verfügt inzwischen über ein Standardwerk zum Stiftungsrecht, oft erweitert um steuerliche und gemeinnützige Aspekte. Jedes dieser Buchprojekte war ein für den jeweiligen Verlag ein Wagnis, solange es bei C.H. Beck den Seifert/von Campenhausen gab. Der hatte Maßstäbe gesetzt und diese durch Folgeauflagen weiter justiert; selbst wer ein weiteres Handbuch zu Rate zog, kam am Blick in den Seifert/ von Campenhausen kaum vorbei. Doch dieses große Handbuch ist Geschichte und so hat sich das Wagnis der anderen Verlage durchaus ausgezahlt. Überall erscheinen die Standardwerke nunmehr auch in zweiter und dritter Auflage. Als eines der letzten großen Werke ist im Berliner Wissenschafts-Verlag 2008 „Die Stiftung“ erschienen, das Handbuch für Recht, Steuern und Wirtschaft. Elf Jahre später verlegte Nomos die zweite Auflage. Der Nomos Verlag hat den Titel wie auch die Zeitschrift zum Vereins- und Stiftungsrecht (ZVSt) vom Berliner Wissenschafts-Verlag übernommen. Die zweite Auflage des Handbuchs enthält umfassende Änderungen, schließlich waren auch hier Gesetzesänderungen und weitere Aktualisierungen einzuarbeiten, etwa das Ehrenamtsstärkungsgesetz von 2013. Der Band verzichtet auf den Untertitel „Stiftungsrecht“ der Vorauflage, liefert er doch zur Verwaltung, zu Haftungsfragen und zur Aufsicht entscheidende Ausführungen. Die grundlegend überarbeitete Gliederung erscheint bei genauem Vergleich, obwohl hier mehr Themen dazugekommen sind, übersichtlicher und stringenter. Manche Kapitel sind völlig neu gefasst, exemplarisch sei hier das Kapitel „Stiftungsaufsicht“ genannt, das Wolfram Backert für die Erstauflage bearbeitet hatte. Angelo Winkler, ehemals Stiftungsaufsicht Sachsen-Anhalt, hat dem Thema mit einem völlig neuen Text ein junges Gesicht gegeben. Für den Einstieg in die gesetzlichen Grundlagen beschränkt sich der Autor auf drei Grundformulierungen in §§ 80, 81 BGB, bevor er mittels neun Entscheidungen von Bundesverwaltungsgericht und Bundesgerichtshof die großen Fragestellungen anschaulich nebeneinander stellt, mit denen die Stiftungsaufsicht befasst ist oder im Zweifel befasst sein sollte. Es folgt ein erster Überblick in 24 Leitsätzen, bevor Angelo Winkler sich zu anderen Stiftungsrechtsformen äußert, bestens juristisch aufgefächert. Erst dann geht es in die Einzelheiten, nachdem die Leserschaft den ersten Überblick gewonnen hat. Falls man überhaupt etwas vermisst, sind das kritische Kommentare zu den Schwachstellen des Systems der Stiftungsaufsicht. Mehrere Autorenwechsel haben der Neuauflage ebenso wenig geschadet wie die Erweiterung des Herausgebergremiums um Christian Fischer, dem wie bisher Olaf Werner und Ingo Saenger angehören. Und auch der um ein Drittel auf 1200 Seiten gewachsene Umfang bekommt dem Handbuch gut.

Rupert Graf Strachwitz | Eckhard Priller | Benjamin Triebe: Handbuch Zivilgesellschaft (= Maecenata Schriften 18). De Gruyter Oldenbourg, Berlin 2020. 360 Seiten, 49,95 Euro. 978-3-11-055129-7.

„Alle reden von Zivilgesellschaft, aber keiner weiß, was es ist.“ Das könnte ein Spontispruch aus dem West-Berlin der Mauerzeiten gewesen sein, nur dass der Begriff Zivilgesellschaft im politischen Diskurs erst nach Mauerfall überhaupt Gestalt annahm. Bis heute besteht keineswegs Konsens darüber, was die Zivilgesellschaft bezeichnet, welchen Organisationsgrad sie haben muss, wie stark sie sich von Wirtschaft und Staat abgrenzen muss – und schon folgen wir einer von immer noch vielen Arten der Definition. Etliche Norweger waren noch vor zehn Jahren davon überzeugt, Zivilgesellschaft bezeichne alles, was nicht militärisch sei, andere gehen von mehr als drei Bereichen aus und betrachten neben Wirtschaft, Staat, Zivilgesellschaft noch das Private (oder die Familie) und das Kriminelle. Je nach politischer Verortung werden Bedeutung und Beschränkung zivilgesellschaftlicher Akteure formuliert. So verwundert es nicht, dass der Staat keinen Widerspruch darin sieht, zu bestimmen, was bürgerschaftliches Engagement ist, um dann das entsprechende „Bundesweite Netzwerk“ zu koordinieren. Somit gab es bislang keinen verlässlichen Überblick zum Begriff und zum Phänomen der Zivilgesellschaft. Ob es so etwas in diesem Sinne jemals geben wird, geben kann, ist fraglich; auch die Wissenschaft ist sich bis heute keineswegs einig, etwa inwieweit Stiftungen öffentlichen Rechts Teil der Zivilgesellschaft sind, wenn sie im Gegenteil öffentlicher Kontrolle durch gewählte Repräsentanten entzogen sind. Fängt man mit einem Beispiel an, fallen gleich viele weitere ein. Dennoch ist das Handbuch Zivilgesellschaft, wie es jetzt in der Reihe Maecenata Schriften vorliegt, als großer Fortschritt zu werten. Hier sind nicht nur die Grundlagen und Traditionslinien aufgezeigt, die sich von zivilgesellschaftlichen Organisationen zurückverfolgen lassen – soziale, kirchliche, ökologische Bewegungen. Viele politische Denkerinnen und Denker haben sich zu dem geäußert, was wir heute als Zivilgesellschaft bezeichnen würden, auch wenn das allenfalls als „bürgerliche Gesellschaft“, als „offene Gesellschaft“ oder als „handelndes“ Subjekt auftaucht. In welchen Rechtsformen organisiert sich die Zivilgesellschaft zu welchem Zweck? Hier ist der Antwortenkatalog umfassend, wenn auch nicht abschließend. Von der Makroebene, die das Verhältnis von Staat, Wirtschaft und Zivilgesellschaft beschreibt, geht es über die Mesoebene, eine Zustandsbeschreibung der aktiven Institutionen der Zivilgesellschaft, bis zur Mikroebene mit dem Thema Ehrenamt. Auch die aktuellen Debatten, zumindest die lautesten, nennt die Zusammenstellung, die damit zu Recht den Titel eines Handbuchs führt.

Bundesverband Deutscher Stiftungen (Hg.): European Community Foundation Initiative. A Guide to Community Foundations in Romania. Bundesverband Deutscher Stiftungen, Berlin 2018. 43 Seiten. 978-3-941368-93-4.

Bundesverband Deutscher Stiftungen (Hg.): European Community Foundation Initiative. A Guide to Community Foundations in Italy. Bundesverband Deutscher Stiftungen, Berlin 2018. 51 Seiten. 978-3-941368-92-7.

Sind die Bürgerstiftungen eine Idee, die aus Europa kommt, weil hier die stifterische Tat auf die Idee der Bürgergesellschaft trifft; zwei Faktoren, die sich tatsächlich auf europäische Wurzeln zurückführen lassen? Oder ist die Bürgerstiftungsbewegung in Deutschland darauf zurückzuführen, dass Reinhard Mohn einmal in Amerika von den Community Foundations hörte und die Idee mit nach Europa nahm? Seit gut zwei Jahrzehnten gibt es glühende Anhänger der einen wie der anderen Theorie. Es wird wohl eine Mischung aus beidem gewesen sein; in jedem Fall aber hat sich im Europa der Gegenwart der Bürgerstiftungsgedanke nirgendwo so rasant und so effektiv verbreitet wie in Deutschland. Hier sitzen die alten Häsinnen und Hasen, die, oft unterstützt von der Bertelsmann Stiftung und TCFN, dem Transatlantic Community Foundation Network, von gemeinsamen Aktivitäten mit Vertretern der Community Foundations Spezialwissen erworben haben. Dieses Wissen wollen sie teilen und weitergeben an andere Akteure, die in anderen Staaten Europas Bürgerstiftungen aufbauen oder aufbauen wollen. Die European Community Foundation Initiative (ECPI) bringt zur Flankierung einzelner Aktionen eine Reihe von Ratgebern, jeweils auf ein Land ausgerichtet, kostenlos an Interessenten. Die Länderstudien, von denen hier exemplarisch „A Guide to Community Foundations in Romania“ und „A Guide to Community Foundations in Italia“ erwähnt seien, sind in Herausgeberschaft des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen erschienen. Anders als vielleicht anzunehmen, handelt es sich dabei um keine Ratgeber, die aus Textbausteinen bestehen, wo ein paar Seiten für die einzelnen Länder nur ausgetauscht oder gar überall „rumänisch“ nur durch „italienisch“ ersetzt ist. Beide Leitfäden sind vollständig eigene Publikationen, die sich auf die besonderen Gegebenheiten vor Ort beziehen. Denn gerade zwischen der Situation der rumänischen und jener der italienischen Community Foundations (und nicht nur dort) liegen Welten. Für Rumänien etwa gibt es keinerlei steuerliche Abzugsmöglichkeit für Privatpersonen, das Sponsoringgesetz, das Entsprechendes für Unternehmen erlaubt, ist allerdings noch nicht hinreichend bekannt. Vielsagend, wenn nicht zu viel sagend sind im Rumänien-Band allerdings Information wie die folgende: „Die Bürgerstiftungsbewegung in Rumänien würde nicht das beeindruckende Wachstum haben, wenn sie nicht eng mit internationalen Netzwerken verknüpft wäre.“ „So fühlt man Absicht, und man ist verstimmt.“ Das Zitat aus Goethes „Torquato Tasso fällt einem überall dort ein, wo hinter vermeintlich hehrem Tun persönliche Interessen oder dickes Eigenlob stehen. Italien braucht diese Netzwerke offenbar nicht. Die italienischen Bürgerstiftungen haben sich bereits eigene Grundsätze gegeben. Sie enthalten Ähnlichkeiten mit den „Merkmalen deutscher Bürgerstiftungen“, sind aber keineswegs identisch. Genau an solchen Stellen sind die Hefte auch für deutsche Bürgerstiftungen interessant. Denn auch Unterschiede können zum Nachdenken anregen und Verbesserungen bewirken.

Bernd Helmig | Silke Boenigk: Nonprofit Management (= Vahlens Handbücher der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften). Verlag Franz Vahlen, München, 2., komplett überarbeitete Auflage 2020. 246 Seiten, 34,90 Euro. 978-3-8006-5179-5.

Über Jahrzehnte blieb professionell geführten Nonprofit-Organisationen nichts anderes übrig, als bei der Aus- und Weiterbildung auf gängige Theorien aus der Betriebswirtschaftslehre zurückzugreifen. Stiftungskommunikation folgte anfangs den Leitlinien der Unternehmenskommunikation, Stiftungsführung jenen der Unternehmensführung. Dabei bestehen zwischen profitorientierten Unternehmen und Nonprofit-Organisationen so gravierende Unterschiede, dass sich Managementmethoden der Wirtschaft allenfalls modifiziert in der Zivilgesellschaft anwenden lassen. Der StiftungsManager, einst als „Rechtshandbuch für Stiftungen“ gegründet, ist ein Beispiel dafür, wie Wissenschaft und Praxis auf die Forderung nach stiftungsadäquaten Managementkonzepten reagieren. Ein zweites Beispiel ist das Weiterbildungsangebot zu zertifizierten Stiftungsmanagerinnen und -managern der Deutschen Stiftungsakademie. Eine dritte

gute Reaktion auf den gestiegenen Bedarf passender Managementgrundsätze ist das Handbuch zum Nonprofit Management von Bernd Helmig (Universität Mannheim) und Silke Boenigk (Universität Hamburg), das jetzt in 2. Auflage vorliegt. In den seit der 1. Auflage vergangenen Jahren hat sich einiges getan im Nonprofit-Sektor. Das Handbuch besticht durch Gliederung und Übersichtlichkeit. Allerdings ist es weiterhin stark am ökonomischen Denken ausgerichtet, was sich vor allem im Kapitel über Nonprofit-Marketing niederschlägt. Das Wort „Öffentlichkeitsarbeit“ existiert nicht. Nach dem Verständnis der Autoren lässt sich offenbar alles in Marketing, Markenstrategien und Markenpersönlichkeiten auflösen. Wo stets der Wettbewerber gesehen wird, bleibt ein schiefes Bild zurück. Doch letztlich ist es besser, die Manager von Stiftungen und anderen Nonprofit-Organisationen lernen die Arbeit anhand von Beispielen von zwei konkurrierenden gemeinnützigen Vereinen kennen als anhand des Kampfes Coca-Cola gegen Pepsi.

Anja Hirsch: Gemeinwohlorientiert und innovativ? Die Förderung politischer Jugendbildung durch unternehmensnahe Stiftungen. Transcript (= Edition Politik Band 87), Bielefeld 2019. 203 Seiten, 49,99 Euro. 978-3-8376-4984-0.

Dieses Buch hat Sprengkraft. Anja Hirsch hat die Aktivitäten unternehmensverbundener Stiftungen im Bereich der Jugendbildung untersucht und kommt zu einem Ergebnis, das Skeptiker schon länger angemerkt haben. Auch dort, wo die Verbindung von Unternehmen und Stiftung nicht augenfällig ist (wie etwa durch Personenidentität in den jeweiligen Leitungsebenen), ist der Einfluss der Unternehmen noch stärker als von vielen befürchtet und von vielen anderen beschwichtigt. Die Autorin nennt viele Beispiele. Die eigentliche Fallstudie ist anonymisiert veröffentlicht. Dazu musste sie leicht verändert werden. Es ist kaum anzunehmen, dass die Doktormutter hier Verzerrungen gestattet hätte, die auf die Schlussfolgerungen abfärben. Wenn es sich aber genauso verhält wie dargestellt, wird der Ton zwischen mancher unternehmensverbundenen Stiftung und dem zuständigen Finanzamt für Körperschaften rauer werden. Oder Attac bekommt im Gegenzug doch wieder die Gemeinnützigkeit zurück.

Janina Salden: Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband zur Zeit des Nationalsozialismus (VSWG-Beiheft 246). Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2019. 388 Seiten, 64 Euro. 978-3-515-12340-2.

75 Jahre sind seit Kriegsende vergangen, 75 Jahre seit der Befreiung von der nationalsozialistischen Diktatur. Niemand, der heute als Angestellter noch in Lohn und Brot steht, hat die Zeit vor 1945 miterlebt, niemand hat persönliche Schuld auf sich geladen. Aber manches Unternehmen, manche Institution, manche Stiftung hat damals bereits existiert, manche Vorgänge- rin in anderer Rechtsform. Auch wenn sich keine Frage der persönlichen Schuld stellt, erwächst aus dem Verhalten in der Vergangenheit eine Verantwortung für die Zukunft, und zumindest dafür ist es ganz gleich, ob man sich heldenhaft oder im Stillen gegen Unrecht zur Wehr gesetzt hat oder unmenschliches Han- deln hingenommen oder begünstigt hat. Nur eines ist nicht mehr zulässig: Dass man kein Wort über die Rolle des eigenen Unternehmens in den zwölf Jahren des „Tausendjährigen Reiches“ verliert. Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband ist bis heute der Verband von Sparkassen geblieben, die teilweise selbst in Stiftungsform existieren, die mit ihren zugehörigen Sparkassenstiftungen aber heute die größte Gruppe in der Stiftungsfamilie bilden. Kein Mitglied des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen spricht für so viele Stiftungen wie der DSGV. Allein vor diesem Hintergrund ist die ehrliche Aufarbeitung lesenswert. Der DSGV, der bei der „Machtergreifung“ 1933 bereits sieben Jahre bestand, hat es den neuen Machthabern aus Sicht der Nachgeborenen in vorauseilendem Gehorsam allzu leicht gemacht, eine Gleichschaltung auch im Sparkassenwesen zu vollziehen. Aber es steht niemandem der heute Lebenden an zu richten oder zu verurteilen.

 

 

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