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Kurzkritik DBC Pierre: Vernon God Little (Jesus von Texas)

von broemmling am 14. April 2018

Ausgelesen! „Der Tod macht eine fulminante Montage aus unserem Leben.“ Pasolinis Sinnspruch bewahrheitet sich gleich dreifach in D.B.C. Pierres Roman Vernon God Little – der deutsche Titel Jesus von Texas ist so dämlich, dass er hier nur genannt ist, um das Buch in der Buchhandlung des Vertrauens zu finden. Dreifach also: Der Autor selbst war quasi schon einmal tot und nennt sich in seinem neuen Leben dirty but clean Peter, DBC Pierre. Der Roman beginnt mit einem Massaker an einer Schule, 16 Schüler sterben, und Jesus, bester Freund des Ich-Erzählers Vernon, ist der Schütze. Da die Gesellschaft ihre Wut und Rache aber gern an einem Lebenden auslassen würde, trifft es Vern. Ein quasi Todgeweihter. So viel zum groben Rahmen. Der Rest ist großartige Komposition. Vor dem Auge des Lesers entsteht ein treffendes Abbild der amerikanischen Gesellschaft, die – mit Ausnahme der Waffenvernarrtheit – auch unsere heutige europäische ist. Mit bösem Witz und harter Sprache beschreibt der Autor Bestellwut, Werbemacht, Mediengewalt und Engstirnigkeit, die atemlos macht. Dass die Sprache sehr arsch- und tittenlastig ist, stört in diesem Fall überhaupt nicht. Es gehört dazu – und nimmt gut begründet zum Ende hin ab … aber mehr sei nicht verraten. Neulich fand ich den Deutschen Buchpreis falsch vergeben; Vernon God Little hat 2003 den Man Booker Prize zu Recht erhalten. Wer das Buch, das 2004 in deutscher Übersetzung herauskam, noch nicht kennt, sollte es unbedingt noch lesen.

D.B.C. Pierre: Jesus von Texas. Roman. Aus dem Englischen von Karsten Kredel. Aufbau-Verlag, 2. Auflage Berlin 2004. 383 Seiten, 19,90 Euro. 3-351-02996-9. Im Aufbau-Verlag auch als Taschenbuch für 8,95 Euro. ISBN: 978-3-7466-2150-0.

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