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Kurzkritik „Kurz & knapp“

von broemmling am 2. Juli 2017

Ausgelesen! Der neue Sammelband zu kleinen Textformen bietet neben aufschlussreicher Lektüre auch eine – soweit das überhaupt nötig war – schøne Wertschätzung meiner Kurzkritiken wie auch diese eine ist. Michael Gamper und Ruth Mayer schreiben in ihrem Vorwort: Dass die kurze und knappe Darstellung einen spezifischen Eigenwert hat, dass ihre Erzeugung eine Kunst besonderer, vielleicht höchster Art ist und dass sie gerade wegen ihrer Kondensation Fragen und eine längere Beschäftigung herausfordert, das belegen diese Zeugnisse eindrücklich. Diese Zeugnisse, das sind die versammelten Aufsätze, stellen nicht nur den größten aller deutschen Sprachkünstler Kleist als Meister der kleinen Formen vor – des Rätsels etwa. Sie verbinden mit Hinweis auf Nietzsches Aphorismen das Kurz-Gesagte mit dem Lang-Gedachten und spüren der Wechselwirkung von Erzählen und Wissen in den kurzen Prosaformen der Frühen Neuzeit nach. Die Kurzerzählung bekommt heute längst nicht mehr die Beachtung, die sie verdient, die Novelle hat gegenüber dem Roman das Nachsehen. Dieser Band widerlegt die Annahme, dass „kurz“ auch immer „flach“ heißen muss, und zeigt Verknappung als Kunst. Was nicht heißt, dass jeder, der sich kurz fasst, diese Kunst auch beherrscht. Kurz & knapp ist eine Einladung, wieder mehr Aichinger, Böll, Kaschnitz, Langgässer, Hamsun, Jacobsen oder Øverland zu lesen – und hier die kurzen Texte, die kaum noch jemand kennt. Und warum die Illustration zu dieser Kurzkritik? Wer kleine literarische Formen mag, der ehrt auch seinen Aktenvernichter und liest gerne noch einmal nach. Die kleinste kleine Form ist schließlich der Papierschnipsel…

Michael Gamper | Ruth Mayer (Hg.): Kurz & knapp. Zur Mediengeschichte kleiner Formen vom 17. Jahrhundert bis zur Gegenwart (= Transcript Edition Kulturwissenschaft). Transcript Verlag, Bielefeld 2017.395 Seiten, 34,99 Euro. 978-3-8376-3556-0.

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