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Kurzkritik Hüllen und Enthüllungen & Hinter dem Vorhang

von broemmling am 3. Februar 2017

Angeschaut und ausgelesen! Gerade ist die Ausstellung Hinter dem Vorhang im Düsseldorfer Museum Kunst Palast zu Ende gegangen. Was haben die Ausstellungsmacher nicht alles an Vorhängen, Hüllen, Verpackungen aufgegraben – oder besser: ausgepackt. Christo und Jean-Claude, das ist schon fasst ein bisschen zu plakativ fürs Plakat (der verpackte VW-Käfer war aber leider eines der Motive für die Werbeplakate). Der Besucher der Ausstellung behält ganz andere Kunstwerke in Erinnerung: Tizian, Richter, Feldmann – das Schlichteste war meist das Raffinierteste. Hüllen und Enthüllungen ist gerade unabhängig von der Ausstellung erschienen. Und doch scheint der Sammelband mit Aufsätzen zum Thema Verhüllen und Enthüllen die kulturwissenschaftliche Überhöhung der sich auf Kunst beschränkenden Düsseldorfer Ausstellung zu sein. Viel mehr noch: Der Band, der die Vorträge einer Tagung der Isa Lohmann-Siems Stiftung versammelt, spart gerade den Bereich der bildenden Kunst aus. Zur Maske in der darstellenden Kunst finden wir einen Beitrag (Miriam Dreysse) – ansonsten finden wir uns in der Geschichte oder mitten im Leben wieder. Besonders lesenswert: Sichtbar- und Unsichtbarmachen in der Hochstapelei (Inga Klein). Hier entwickelt die Autorin eine ganze Kulturgeschichte der Hochstapelei vor dem Auge des Lesers. Inga Klein überrascht mit einer Warnung vor dem eigenen Ich: Denn, das ist allerdings, räumt sie ein, keine Erkenntnis des 21. Jahrhunderts: Eine Begabung, ein Talent zum Hochstapler steckt in uns allen. Das hätte manch Leser vielleicht lieber für sich behalten. Eine schöne Enthüllung.

Inga Klein | Nadine Mai | Rotislav Tumanov (Hg.): Hüllen und Enthüllungen. (Un-)Sichtbarkeit aus kulturwissenschaftlicher Perspektive (= Schriftenreihe der Isa Lohmann-Siems Stiftung Band 10). Reimer Verlag, Berlin 2017. 271 Seiten, 29,90 Euro.

Claudia Blümle | Beat Wismer (Hg.): Hinter dem Vorhang. Verhüllung und Enthüllung seit der Renaissance – von Tizian bis Christo. Hirmer Verlag, München 2016. 340 Seiten, 49,90 Euro.

In der gleichen Reihe der Isa Lohmann-Siems Stiftung ist im vergangenen Jahr ein lesenswerter Sammelband über Kommunikation, Konstruktion und Kultur von Klängen erschienen. Es ist typisch für die gute Arbeit der Hamburger Stiftung, dass sie in diesem Band zwei so unterschiedliche Themen wie die Musik- (aber eben nicht die Klang-)Überlieferung des Klosters St. Michael in Bamberg und das Wummern der Bässe aus den Boxen, das wir im Körper spüren, wenn wir die Musikanlage aufdrehen, sinnverwandt unter einem Thema vereinigt hat – und viele andere mehr. Bislang haben Klänge nur schwer wissenschaftliche Beweiskraft – auch dazu findet sich ein interessanter Aufsatz im Band Klang – Kontakte.

Anna Symanczyk | Daniela Wagner | Miriam Wendling (Hg.): Klang – Kontakte. Kommunikation, Konstruktion und Kultur von Klängen (= Schriftenreihe der Isa Lohmann-Siems Stiftung Band 9). Reimer Verlag, Berlin 2016. 234 Seiten, 29,90 Euro.

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