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Kurzbericht: Buchvorstellung von Wolfgang Bosbachs „Endspurt“

von broemmling am 4. Oktober 2016

Man mag inhaltlich mit ihm übereinstimmen oder nicht: Wolfgang Bosbach gehört zu den wenigen Akteuren der Gesellschaft, denen man noch Herzblut und Rückgrat gleichermaßen anmerkt. Heinz Buschkowsky ist mit ihm in einem Atemzug zu nennen, Hans-Christian Ströbele auch, nur wenige mehr finden sich, die in sich tragen, was man das Regine-Hildebrandt-Gen nennen könnte: Sie regen sich auf, nicht um sich vor der Kamera oder dem Publikum zu produzieren, sondern weil sie unter den gesellschaftlichen Missständen leiden und wirklich etwas zum Guten bewegen wollen. 2017 steht Wolfgang Bosbach nicht mehr zur Wahl für den nächsten Bundestag, nun legt er in Form eines Gespräches mit Hugo Müller-Vogg seinen „Endspurt“ hin. Quadriga aus dem Lübbe Verlag lud heute zur Buchpräsentation ins Humboldt-Carré.

Edmund Stoiber hielt so etwas wie eine Laudatio und beschrieb Bosbach als „einen der weniger gewordenen Politiker“ (Stoibersche Glanzgrammatik), die heute noch jedem zuhören und die es wirklich interessiere, was die „einfachen Menschen“ fühlten, ob Top-Manager, Baggerführer oder Aldi-Kassiererin. Im anschließenden Gespräch zwischen Bosbach, Müller-Vogg und Stoiber beeindruckt die Ehrlichkeit und Offenheit Bosbachs, der gerne Innenminister geworden wäre (Bosbach: „Aber die Verletztheit gibt sich; und auch wenn ich keine Umfrageergebnisse präsentieren kann: Der Mehrheit der Abgeordneten ist ihr Traum vom Ministerposten nicht in Erfüllung gegangen“). Auf die Frage, was Bosbach als Innenminister anders gemacht hätte, gibt es satte Kritik, kaum noch versteckt, von Stoiber an Thomas de Maizière: In Situationen wie jenen der Gegenwart brauche es „Menschen, die nicht emotionslos agieren.“ Auch Zetsche wird mit Stoibers Kritik bedacht: Der habe die Flüchtlingswelle als den Beginn eines zweiten Wirtschaftswunders bezeichnet; und wie viele Flüchtlinge haben die DAX-Unternehmen eingestellt? „Weniger als 100.“

Beinahe ein bisschen zu kurz gekommen sind bei der Buchvorstellung Bosbachs Erinnerungen an Begegnungen und Erlebnisse. Aber dafür ist ja das Buch gedacht. Ich bin jedenfalls gespannt auf die Lektüre.

Wolfgang Bosbach: Endspurt. Wie Politik tatsächlich ist – und wie sie sein sollte. Begegnungen, Erlebnisse, Erfahrungen. Ein Gespräch mit Hugo Müller-Vogg. Quadriga bei Lübbe, Bergisch-Gladbach 2016. 272 Seiten, 24 Euro.

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